Für meinen Samstag bei den Amish hatte ich mir einiges vorgenommen, da ich wusste dass am Sonntag viele Unternehmungen geschlossen sein würden. Nach dem lehrreichen Einstieg gestern im Heritage Center wollte ich heute mehr über die Kultur erfahren und sowohl das Yoder's Amish Home als auch das German Culture Museum in Walnut Creek besuchen.
Nach einem Oatmeal-Frühstück auf meinem Balkon in der Sonne ging es zeitig los - zuerst Richtung Guggisberg Swiss Inn, dessen Öffnungszeit ich den Tag davor verpasst hatte. Allerdings war ich aus dem Laden so schnell wieder raus wie ich drin war - die Alpen-Kitsch-Musik die dort in voller Lautstärke ertönte konnte ich beim besten Willen nicht ertragen.
Ich hatte allerdings Appetit auf Käse, daher machte ich mich wieder auf den Weg zu Heini's Cheese Chalet und kostete erneut meine Lieblingssorten. Auf dem Weg nach Berlin stoppte ich bei Hershberger's Bakery & Farm, bestaunte die frischen Ernten vom Feld, die frisch duftenden Backwaren und erstand einen Pumpkin Whoopie Pie. Der Streichle-Bereich der Tiere war leider noch nicht geöffnet.
Nach der Stärkung bei Heini's fuhr ich Richtung Yoder's Amish House (
http://www.yodersamishhome.com) das zwischen Trail und Walnut Creek liegt. Kurz nach der Öffnung erstand ich eine Eintrittskarte für die Führung durch die beiden Häuser sowie die Scheune. Die Wartezeit bis zum Start verbrachte ich draußen in der Sonne auf einer Bank. Es dauerte nicht lange und eine Katze kam vorbei, sprang auf meinen Schoß, machte es sich dort gemütlich und begann zu schnurren. Schöner kann man Wartezeit nicht verbringen - ich habe meine Tweety aber sehr vermisst in dem Augenblick :(
Die Führung selbst war sehr informativ und gut gemacht! Die Guide war allerdings keine Amish, trotzdem wusste sie sehr viel zu berichten. Zuerst besichtigten wir das ursprüngliche Haus der ersten Yoder-Familie, das nicht mehr bewohnt wird.
Dort gab es eine ursprüngliche Küche zu sehen, das Elternschlafzimmer sowie die gute Stube mit Bollerofen und Nähmaschine - natürlich handbetrieben.
In einer Ecke saß eine Puppe als Kinderspielzeug - allerdings ohne Gesicht.
Mir war zwar bekannt dass die Amish sich nicht photographieren lassen, dass dies allerdings auch dazu führt dass sich generell kein Bildnis von einem anderen Menschen gemacht wird - wie bei Puppen - war mir neu. Unser Guide erzählte uns noch mehr über die Amish und die verschiedenen Order, die von sehr konservativ bis zu etwas aufgeschlossener reichen. Erneut bekräftigt wurde die Tatsache, dass keine weiterführende Bildung oder Universitäts-Abschluss möglich ist.
In der Regel scheinen die Amish innerhalb ihrer Gemeinschaft und sogar innerhalb von ihrer Order zu heiraten, eine Heirat nach außerhalb ist möglich aber sehr selten da sich der Ehepartner dann komplett dem Amish Leben unterordnen und sich vor der Gemeinschaft beweisen muss. Scheidungen sind nicht erlaubt, allerdings darf nach Tod des Partners wieder geheiratet werden. Da es in der Gemeinschaft keine Ärzte gibt, werden reguläre Krankenhäuser und Arztzentren genutzt, allerdings sind die Amish nicht regulär krankenversichert sondern zahlen in den 'Amish Aid' ein, aus dessen Topf dann falls benötigt die Ausgaben getilgt werden. Abhängig von der Order ist es den Amish erlaubt, zu Geschäftszwecken auch Telefone zu nutzen oder im Auto bis zum Arbeitsplatz mitzufahren - solange sie nicht selbst fahren oder das Auto besitzen. Auch Strom wird vermehrt genutzt um z.B. Licht oder elektronische Kleingeräte zu betreiben - dann allerdings nicht durch Anschluss an das reguläre Netz sondern z.B. mit kleinen Generatoren, Solar Panels oder Autobatterien.
Unser Weg führte uns ins zweite, neuere - und bedeutend größere - Haus. Im Wohnzimmer war eine dieser elektrischen Lampen zu sehen. Dort lagen auch die Bibel sowie das Gesangbuch ('Ausbund') - da die Amish keine eigenen Kirchen unterhalten, finden die Gottesdienste bei Gemeindemitgliedern zuhause statt. Dazu wird oftmals das Wohnzimmer ausgeräumt und die per Kutsche mitgebrachten Bänke im Raum aufgebaut, wobei Männer auf einer, Frauen auf der anderen Seite sitzen. Der gesamte Gottesdienst incl Gesängen und Predigten dauert ca. 3 Stunden.
In der Küche des Hauses waren gerade zwei Frauen dabei, Obst einzumachen und Gebäck zu backen, das man auch kaufen konnte. Für zwei leckere Cookies (Pumpkin sowie Snickerdoodle) habe ich nur einen Dollar bezahlt und sie waren sehr gut.
Vorher ging es noch ins zweite Stockwerk, wo sich die Kinderzimmer befanden incl verschiedener Kleidungsstücke.





Sehr lehrreich schilderte unser Guide die Vorschriften der Amish hierzu - in der Order in welcher die Yoder Mitglied sind, ist es erlaubt, verschiedene Farben zu tragen, allerdings keine Muster oder zweifarbige Kleider. Frauen dürfen nur Kleider tragen, darüber ggf eine weisse Schürze. Schmuck lehnen die Amish ab, selbst Eheringe werden nicht getragen. Verheiratete Frauen sind daran zu erkennen, dass sie zur Kirche kein schwarzes Käppchen, sondern ein weisses tragen. Sowohl die Kleidung von Männern als auch Frauen darf keine Knöpfe, Reissverschlüsse oder Taschen besitzen - die Frauen halten ihre Kleider mit Nähnadeln zusammen, die Hosen der Männer sind mit Häkchen zu verschließen. Männer tragen Strohhüte, Frauen verschiedene Arten von Käppchen, die ein Zeichen dafür sind, dass sich die Frau im Haushalt dem Mann unterzuordnen hat. Streng konservative Amish erlauben nur schwarze Schnürschuhe, andere Order auch Sandalen, Sneakers oder Flip Flops.
Den Abschluss der Führung bildete die Besichtigung des großen Stalles - dort gab es alle möglichen Tiere zu sehen - Schafe, Ziegen, Pferde mit Fohlen, Ponys, Kühe, Hühner mit Küken, freilaufende Hühner, Beagle und Katzen.
Nachdem ich zurückgeblieben war um noch einige Photos zu machen kam ich ins Gespräch mit einem amishen Mädchen und wir tauschten uns etwas über die deutsche Sprache aus - in ihrer Familie wurde anscheinend eine Mischung aus deutsch/österreichisch/schweizerisch gesprochen. Manche Worte kannte sie nicht, viele waren ähnlich, allerdings mit anderer Aussprache.
In Summe war dies das Highlight meines Amish Trips - Katzen, sehr gute, interessante Führung und viele Eindrücke. Kann ich nur empfehlen !
Nun war es Mittagszeit geworden, ich aß einen Keks und fuhr ins benachbarte Walnut Creek.
Ein kurzer Stop bei der viel beworbenen Coblentz Chocolate Company dann ab ins German Culture Museum, das einen Überblick über die Geschichte der Stadt und Umgebung gab, nicht nur deutsch geprägt war also - der Name war etwas irreführend. Viele Dokumente, die dort ausgestellt waren, waren allerdings in Altdeutsch geschrieben.
Auf dem Weg von Walnut Creek nach Sugarcreek hielt ich erst kurz an der mit Holz überdachten Brücke nach Schweizer Vorbild, dann bei Walnut Creek Cheese, einem großen, sehr gut besuchten Supermarkt.
Sugarcreek selbst war eine kleine Enttäuschung - es hieß zwar 'kleine Schweiz' war aber zum Teil eher Touristen-Kitsch, vor allem die 'World Largest Cuckoo Clock'. Die Kuckucksuhr hat gerade gespielt als ich ankam und es war so schrecklich dass ich einfach ein Video machen musste. Naja, andere Kulturen finden das wahrscheinlich niedlich....
Zurück durch die Felder und Weiden fuhr ich nach Berlin zu Schrock's Amish Farm & Village. Die Farm war relativ geschlossen, also besuchte ich die Antique Mall, die zwar sehr groß war, aber nichts für meinen Geschmack bot. Ich hatte daher noch genügend Zeit, noch einmal zu Hershberger's zu fahren und die Tiere zu besuchen - Kühe, Kälber, riesige Kaltblüter, Ponys, Hasen, Ziegen, Schafe (die Armen schienen ganz schön in ihrer Wolle zu schwitzen), Hühner und Enten. Mit einem älteren Amish kam ich ins Gespräch und versuchte etwas Deutsch zu sprechen, er hatte aber z.T. doch ein anderes Vokabular als ich.
Zum Abendessen holte ich mir erneut Chicken zum Mitnehmen und genoss es mit dem Rest Wein auf meinem Balkon während sich ein Gewitter und Regenschauer ergoß und die Luft etwas abkühlte. Danach gab es einen wunderschönen Regenbogen.